Sonntag, August 27, 2006

LordLevi und die Rentner

Vorweg liebe Leser möchte sich LordLevi entschuldigen(das kommt selten vor , also geniesst es). Entschuldigen dafür, dass er sich längere Zeit nicht mehr gemeldet hat. Die Gründe hierfür sind längst genannt und ausgelustscht – ausserdem braucht man bei dieser Art der Entschuldigung keine verwegenen ‚weshalbs’ und ‚warums’ aus dem Ärmel schütteln, wie wenn man der Freundin erklären müsste, weshalb man SMS mit Titeln wie „Anal pleasure for free“ kriegt.

Soviel zur obligaten Einleitung, die von unserem Deutsch Dozenten massgebend zur Benotung einer Arbeit beitrug und sich deshalb unwiderruflich auf meinem Festwertspeicher verewigt hat(war das jetzt zu sehr Nerd?)
Wie auch immer….man rufe sich Live Redesign (1) in den Sinn. LordLevi der grosse Abenteurer und Entdecker machte sich auf, eine WG zu finden um das süsse Leben der Gammelstudenten zu erkunden. Dies gestaltete sich weit schwieriger als angenommen. Aus unerklärlichen Gründen divergierten die Interessen von LordLevi und dem arbeitsscheuhen Studentenpack so sehr auseinander, dass LordLevi froh war, bereits während der Besichtigung zeitlich das Weite segnen zu können.
Der geneigte Leser, wie ich ihn kenne, von Neugier und haltloser Wundernäsigkeit getrieben, lechzt förmlich nach einer anschaulichen Verdeutlichung der obgenannten Problematik.

LordLevi sass also in der Küche mit drei Mädels, deren WG ein Zimmer(welches ungefähr das Platzangebot eines Fiat Pandas aufwies) zu vergeben hatte. Von den Dreien, war eine ein „Tschääper“, was urnerdeutsch ist für, na ja – Fettsack – und daher eigentlich bereits klar war, dass das Zimmer nicht in Frage kam. Aus reiner Höflichkeit sass LordLevi dann doch noch mit den Mädels zusammen, quatschte ein wenig und heuchelte lebhaftes Interesse an Banalitäten des häuslichen Alltags, als er irgendwie auf Fleisch zu sprechen kam. Das war ein grober Fehler wie plötzlich den düsteren Mienen der Weiber zu entnehmen war. Man offenbarte ihm folgendes:
Weiber: „Also Fleisch gaht ja gar nöd.“

LordLevi: „Was?“

Weiber: „Also mir ässed kei Fleisch“

LordLevi: „Hmmmm“

Weiber: „Und mir wänd au nid dass öpper Fleisch kocht“

LordLevi: „Was?“

Weiber: „Ja de Gstank vom Fleisch bliebt nacher Tagelang i de Chuchi“

LordLevi: „OK, aber im Restaurant dörf dejenigi denn scho Fleisch ässe?“

Weiber: „Ja scho, aber es wär scho besser wenn nid, wäg de Tier“

Was soll man als Liebhaber grosser Rindsfilets und Lammracks noch dazu sagen? LordLevi hatte es plötzlich ziemlich eilig. Die obgenannte Konversation soll exemplarisch die Weltanschauung der meisten WG’s repräsentieren die LordLevi besichtigt hat. Etwas enttäuscht ob der vielen Widrigkeiten die einem in den Weg gelegt werden hatte er die Angelegenheit wieder begraben. Ein paar Monate später, erneut von unbändigem Drang nach Veränderung geplagt meldete er sich auf ein Inserat von zwei Mädels. Pädagogikstudentinnen aus dem schönen Ländle und übers Wochenende immer bei den Eltern. Zu vergeben waren zwei Zimmer die von LordLevi dann auch genommen wurden.

Soweit die Fakten im Abriss. Meine neue Wohnsituation ist zusätzlich noch etwas speziell, da die Mädels jetzt erst mal bis ende Oktober in Kanada weilen und LordLevi also die Bude für sich alleine hat. Genug Zeit, sich mit allen Nachbarn anzulegen und den Hauswart auf die Palme zu bringen. Was Teilweise auch schon erfolgreich realisiert wurde, was aber, wie LordLevi findet, nicht seine Schuld ist.
Da das Wohnquartier mehrheitlich, ach was heisst mehrheitlich, AUSSCHLIESSLICH, von Rentnern, halb, - dreiviertel, - und ganz Senilen Kukident-Nutzern bevölkert wird, die allesamt von Paranoia und Langeweile dermassen geplagt sind, dass ihnen der arme LordLevi eine willkommene Abwechslung zu BLICK und Glücks Post Kreuzworträtseln bring und sie sich wie Geier auf ihn stürzen, sind wahnwitzige Verhaltensweisen keine Seltenheit.

Mein Aussenparkplatz, der mich zwingt meinen Stuttgarter-Stern der Widerwärtigkeit des schweizerischen Wetters auszusetzen, liegt in einer Parallelstrasse. Mal abgesehen davon, dass kein direkter Weg für die 100 Meter vorliegt und LordLevi deshalb immer durch Vorgärten schleichen muss, will er nicht um den ganzen Block marschieren, ist der Parkplatz zirka fünf Meter von den Balkonen der Weisshäupter entfernt, die froh um jede Aufregung, den ganzen Tag hinter Gardinen lungern und beobachten, ob irgend wer zu seinem Auto geht, oder sein Auto abstellt. Ungefähr zwei Wochen nachdem ich Eingezogen bin, komme ich an einem Freitag so gegen 20 Uhr von einer kleinen Segeltour mit meinem Bruder auf dem Zugersee zurück, als auf meinem Parkplatz Numero 9 ein Kleinbus mit Obwaldner Kennzeichen steht.

Ahaaa denke ich mir, da zieht wohl auch gerade jemand ein/aus und rolle mein Schiff auf das Parkfeld Nummer 8 und schreibe, wie es sich gehört im Rentnerquartier, einen mahnenden Zettel, dass der Minibusfahrer auf meinem Platz steht.

Ich gehe also zum Kleinbus und klemme den Zettel sorgsam unter den Scheibenwischer also mich von hinten jemand ankeift. Ich drehe mich um und sehe ein altes Ehepaar, welches sich eine Hochparterrewohnung zu ihrer Behausung ausgesucht hat. Der Mann sitzt, während die Frau steht, mit beiden Händen aufs Geländer gestützt und meint:

„De Platz isch Privat!“

„De Bus staht uf mim Parkplatz und drum han ich en ufs achti gstellt“

„Aber das gaht nid, de isch reserviert! Sie dörfed det nid parkiere!“

„Ja aber wie scho gseit, da staht eine uf mim Parkplatz und irgenwo muess ich mis Auto ja abstelle!“

„Aber de isch reserviert! Fahred sie ihres Auto weg!“

„Isch das ihre Parkplatz?!“, frage ich sichtlich genervt und mit aggressivem Unterton

„Aber de isch reserviert! Sie…“

„Isch das ihre verdammti Parkplatz!???!!!“, unterbreche ich sie.

„Nei“, meldet sich ihr Mann, dem das irgendwie peinlich ist.

„Dänn gahts sie au verdammt nomal nüt ah!!!!“

„Was hät er gseit?“, fragt die Alte ihren Mann

„Dänn gahts sie au verdammt nomal nüt ah...“, wiederholt ihr Mann meine Worte.

Ich drehe mich weg und sehe noch wie die Alte ihre Arme verschränkt und den Kopf schüttelt, während sie in sich hinein schnaubt, da öffnet sich im ersten Stock ein Fenster.

„Sueched sie öpper?“, frag eine Frau.

„Da staht eine uf mim Parkplatz, wüssed sie zuefällig wer das isch?“, frage ich zurück.

„Das isch de Ma da obe, ich sägs ihm schnäll“

„Das wär lieb“, sülze ich mit einem Lächeln, während die Alte von vorhin sichtlich beleidigt immer noch den Kopf schüttelt.
Ich warte, als die Eingangstüre aufgeht und ein glatzköpfiger, tätowierter Bodybuilder, ungefähr 30, heraus tritt.

„Stahn ich uf dim Parkplatz?“, meint er freundlich.

„Schient so“

„Das isch de Parkplatz vo minere Fründin gsi, die hät de kündet voreme Monat und dänn ischer immer leer gsi drum hanen det ane gstellt, mir züglet ebe jetzt zäme und holed ihri sache“

„Mir ischs ja eigentlich glich gsi, aber die Alt hät gnervt“, sage ich zu ihm während ich mit dem Kopf Richtung Hochparterrewohnung zeige.

Der Glatzkopf grinst und sagt in einer Lautstärke, die sogar von tauben Rentnern klar und deutlich vernommen werden kann(die sich übrigens mittlerweile alle auf ihren Balkonen versammelt haben und dem Schauspiel folgen, dass sich ihnen so unverhofft zum Ende der Woche hin noch bietet)

„Ja weisch….das sind sowieso alles Arschlöcher da!“

„Ja scho“, gebe ich ebenso laut zurück.

Vergnügt sehe ich dem Glatzkopf zu wie er seinen Kleinbus umparkiert und stelle mein Schiff auf die Neun. Ich lasse noch etwa drei Minuten den Motor laufen, steige aus, gehe zum Kofferraum, steige wieder ein und nestle noch am Handschuhfach herum, bevor ich die acht Zylinder zum schweigen bringe, gutgelaunt meine Tasche schultere und davon gehe, nicht ohne nochmals jedem Balkon freundlich zu zu lächeln.

Donnerstag, Juni 29, 2006

Guten Morgen Hölle

Nun hat es auch noch LordLevi geschafft, definitiv von der Bildfläche der Jugendlichkeit verbannt zu werden.
Heute 25, morgen im Grab, dazwischen - nichts, auf was nicht auch verzichtet werden könnte!

Was mich erwartet:

Impotenz
Inkontinenz
Demenz


Happy älter werding!

Dienstag, Juni 27, 2006

Wie du mir, so ich dir!

...so ein Tag, so wunderschön wie heute...

Nachdem mir seit Beginn der WM wieder vermehrt offene Feindseeligkeiten seitens des schweizer Volkes entgegen strömen und bei jedem Spiel der Klinsi-Elf für das gegnerische Team Partei ergriffen wird (obwohl doch offensichtlich ist, dass Deutschland Weltmeister wird und die Schweizer, bekanntlich Meinungsfrei, immer dem Favoriten ihre Gunst erweisen), freut es mich ungemein, dass die Versager in rot, deren spielerische Leistung knapp an der Kreisliga vorbeizielte, gesenkten Hauptes die Heimreise antreten dürfen.

Die bunten Blätter der Schweiz feiern dennoch die „Leistung“ von Köbi’s Luschen und nehmen sogar noch das Wort „stolz“ in den Mund.

Hallllooooohooooo? Kein Elf-Meter versenkt und noch dazu gegen die Ukraine, die mit Schewtschenko gerade mal über einen passablen Euro-Legionär verfügt?

Jene Ukraine, die in der Vorrunde von Spanien mit 4:0 degradiert wurde?

Die Sicht auf die Dinge ist eben hier wie immer ein wenig anders.
Was bleibt ist die Tatsache, dass sich die Schweiz auf jene Sportarten besinnen sollte, die ihr wirklich liegen: Hornussen und Schwingen.

Donnerstag, Juni 22, 2006

Die Butter

Es war an einem schönen Sonntag Morgen, der Frühstückstisch war reichlich gedekt, als sich folgendes Gespräch ereignete:

"Ich hab' es satt!", sagte die Butter, während sie mit den Tränen kämpfte.
"Ach komm schon Kleines, was ist denn los?", fragte die Konfitüre mitfühlend.
"Warum liege ich eigentlich immer unten?"
"Warum, warum, es gibt Dinge die sind wie sie sind!", meinte die Konfitüre etwas schnippisch.
"Nein! Das mein ich nicht! Wieso werde ich prostituiert?"
"Öhhhm...was?"
"Warum darf sich jeder dahergelaufene Lioner und noch so schäbige Camembert auf mich drauf legen, einfach so mir nichts dir nichts habe ich mich mit dem Honig zu vereinen. Mal eben kurz ein Tète-â-Tète mit der Paprikasalami! Die ganze..."
"...Naja, also..ähhm..", stammelte die Konfitüre.
"...also da biste sprachlos, hä! Aber was kann man von einem Waldbeer-Mix auch anderes erwarten!
Ich bleib' dabei! Meine Lage ist höchst bedenklich. Aber da wird sich noch einiges ändern! Da kannste Gift drauf nehmen! Ich kann die Schlagzeile schon sehen: 'Butter schlägt zurück!'. Da kriegt ihr noch alle euer Fett weg, ohooo und wie ich euch..."
"...was bitte schön willst du dagegen tun?", unterbricht der Walbeer-Mix, "es geht nun mal nicht anders rum. Deine Konstitution eignet sich am Besten um die Brotoberfläche zu verschliessen und uns anderen, wesentlichen Bestandteilen eines gelungenen Frühstücks, den Weg zu ebnen!"
"...W E S E N T L I C H...ich glaub jetzt hackt's...", tobte die Butter und wurde Handgreiflich.

Genüsslich verfolgte ich die Auseinandersetzung und beschloss dem Trauerspiel entgegen zu wirken.
Ich nahm ein Brötchen, durchbohrte mit meinem Messer die Butter und keilte ein ordentliches Stück heraus.
Nachdem ich die Buttter gleichmässig (jeder Gipser würde Blass vor neid) verteilt hatte, stellte sich für mich die Frage, soll ich mich dem Vorwurf der Förderung zur Prostitution schuldig bekennen und der Butter Ihren Soloauftritt gewähren?
...Selbstverständlich nicht. Daher Griff ich auch als erstes zum Waldbeer-Mix, dann zur Paprikasalami und schliesslich noch ein Stück französischer Weichkäse oben drauf...wohl bekomms.

Sonntag, April 09, 2006

Über die Vergänglichkeit

Dann und wann verschlägt es mich an Orte, die ich für gewöhnlich nicht aufsuche. Nicht weil ich mir zu schade dafür wäre(schliesslich ist LordLevi für jede Umgebung eine Bereicherung) sondern weil meine Interessen grösstenteils anderweitig gestreut sind.

So kam es, dass ich auf Grund von Verkettungen des Lebens im I45 im Zug landete. Was mir vorgängig nicht bekannt war, ist die Tatsache, dass das Durchschnittsalter ein gutes Stück unter der magischen 20 lag. Nun, der geneigte Leser darf es wissen, LordLevi wird bald ein viertel Jahrhundert hinter sich haben – und das, Freunde des guten Geschmacks – ist nicht schön! Mir fallen da gerade n+1 Dinge ein, die ich lieber täte, als 25 werden. Aber ich schweife ab.

Was mich beschäftigt ist nicht die Zahl an sich, sondern dieses Gefühl der Vergänglichkeit. In oben benannter Lokalität, tummeln sich also junge Menschen, die nur so strotzen vor sorgloser Lebensfreude und ausgelassener Vitalität. Die Jungs(die in der Unterzahl sind! Wo zur Hölle hab ich so etwas das letzte Mal erlebt?) trinken vorwiegend Dosenbier, sind schlecht gekleidet, tanzen wie wild gewordene Berserker, hängen sich betrunken in den Armen, und diskutieren Rockbands die „voll anti“ sind.

Die Mädels sind erstaunlich selbstbewusst, sehen einem direkt in die Augen, haben beim Griff in den Kleiderschank wesentlich mehr Glück als die Jungs und tanzen den klassischen ich-bin-ein-Huhn-Tanz, der in der Alternativszene äusserst beliebt scheint.

Na jedenfalls steh ich also da, höre mir das Konzert an und sehe den jungen Menschen zu, wie sie, ganz in ihrem Element, frei von Zwängen und Verpflichtungen den Augenblick geniessen. Sich treiben lassen und der Unbekümmertheit hingeben.

Das stimmt mich nachdenklich und ich versuche mich zu erinnern.
Versuche nachzuvollziehen, wie es war, damals als Teeny. Doch es fällt mir schwer. Ich kann mich nicht mehr an die Stimmung erinnern. Mein Gedächtnis projiziert Bilder von Situationen, deren Intensität ich nicht ergründen kann. War ich ausgelassen? Fröhlich? Wild? Befreit? Ich kann es nicht sagen. Schwermut überfällt mich und ein dumpfer Schleier heftet sich wie ein Schatten an den weiteren Verlauf des Abends.

Vielleicht bin ich auch nur Betrunken und einer jener so raren Sentimentalitätsmomente hat mich ergriffen. Kann es wirklich sein, dass man sich nur ein paar Jahre unterscheidet und doch in völlig verschiedenen Welten lebt?
Etwas teilnahmslos stehe ich an der Bar, quatsche mit ein paar alten Bekannten und frage mich ernsthaft ob ich meine Jungend versäumt habe. Habe ich wirklich die Narrenfreiheit der Pubertät ausgekostet? Vermutlich hab ich das. Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Und dennoch hinterlässt das irgendwie einen schalen Nachgeschmack.

Die Party ist vorbei alter Junge!

Bevor ich völlig einknicke erinnere ich mich an meinen treuen Kumpel Platon, der Heraklits Flusslehre zusammenzufassen versuchte: „panta rhei! Alles fliesst und nichts bleibt; es gibt kein eigentliches Sein, sondern nur ein ewiges Werden und Wandeln.“

Freitag, März 31, 2006

Ich hasse...

...meinen Job!
...die IT-Branche!
...schlechtes Essen!
...meine Arbeitskollegen!
...unrasierte Mädchenbeine!
...das Wetter in der Schweiz!
...schreiende Kinder!
...eins über Par!
...walliserdiiitsch!
...alle die länger schlafen können als ich!
...die Kassenschlampen vom Coop!
...alle Katzen die in meinem Garten Fremdscheissen!
...SMS schreiben!
...meinen Gärtner, der komischerweise immer dann die Hand an den Eiern hat, wenn ich aus dem Fenster sehe!
...Mona Vetsch!
...Solarautos!
...mein neues Ich!
...wenn einfach mein Header verschwindet!
...mit Kopfschmerz aufzuwachen und mit Kopfschmerz schlafen zu gehen!
...dass ich noch 40 Jahre warten muss, um ein rüstiger Rentner zu sein!
...meinen Vorgesetzten!
...alle Zweispurigen Autobahnen!
...Kurzarm Hemden
...die Leere in meine Kopf nach einem Tag an der FH!
...wenn sich sogenannte Männer wie Mädchen benehmen!
...die immer dicker werdenen TV Moderatoren!
...nach Rauch stinkende Zeitgenossen!
...Anhalter(in der Schweiz auch als Autostöppler bekannt)!
...Lageristen!
...wenn um 14.00 Uhr die Evian Flasche leer ist!
...das Schweizer Fernsehen!
...verschwitzte Bauarbeiter!
...Hermann Hesse!
...ÖVM!
...Steuern!
...ganz besonders Nachsteuern!
...schlecht sitzende Anzüge!
...permanete Linksfahrer!
...meine Nachbarn!
...Lieder von und mit Rudi Karell!
...Feinstaub!
...lauwarmes Bier!
...Schunkelmusik!
...die Schweizer Fussballmannschaft!
...Busfahrer!
...alles was ich noch nicht aufgezählt habe, hier aber stehen sollte!

(Soweit meine lieben Leser, meine Stimmung an einem Freitag, kurz vor Feierabend...)

Sonntag, Februar 26, 2006

Ausnahmezustand

Eigentlich sollte man es wissen. Sollte klüger sein, sollte sich vorbereiten und dementsprechend handeln. Doch jedes Jahr aufs Neue ist man erstaunt, wobei das gelinde ausgedrückt, die Untertreibung schlechthin ist. Man ist konsterniert und zugleich etwas aufgebracht, vielleicht auch leicht gereizt und manch einer(inklusive LordLevi) wünscht sich Kiesingers Notstandsgesetze her.

Der geneigte Leser wird es erahnen, die Rede ist von der Fastnacht(die hierzulande von debilen Fastnächtlern ohne 't' geschrieben wird, also Fasnacht). Nach wie vor haben die Menschen in den katholischen Regionen der Schweiz, die notabene mal ganz pauschal als konservativ, engstirnig und fremdenfeindlich bezeichnet werden dürfen(mein kleinwüchsiger anatolischer Gotteskriegerfreund wird dies bestätigen) das inbrünstige Verlangen, sich zu verkleiden, alkoholisiert durch die Strassen zu ziehen und mehr torkelnd als schunkelnd, brutalster Instrumentalvergewaltigung(so genannter Guggenmusig) zu lauschen. Natürlich nicht ohne joviales Gegröle. Und weil sich’s verkleidet so leicht einrichten lässt, wird auch noch haltlos gebaggert, gegrabscht und schlimmeres, so weit das halt irgendwie möglich ist.

Das Resultat der unbändigen Ausgelassenheit präsentiert sich neun Monate später, was sich auch statistisch nachweisen lässt – analog zur Zahl der abrupt ansteigenden Seitensprünge(sollte es Kinder von Fastnächtlern unter meinen Lesern geben, ihnen sei empfohlen mal kritisch das Spiegelbild zu betrachten und vielleicht darüber nachzudenken woher der dunkle Teint wohl stammen mag, wo doch beide Elternteile eher Hellhäutig sind)

Nicht, dass ich jetzt falsch verstanden werde! Ich habe absolut nichts gegen Ausgelassenheit, ich bin sogar ein wahrer Freund der Ausgelassenheit, doch es widerstrebt mir zutiefst, mit all den Verstörten auf Festbänken zu hüpfen und mit DJ Ötzi „Hey Baby“ zu johlen. Und wenn ich sie dann sehe, die Familienväter, die als Krankenschwestern verkleidet 16 Jährigen Jungs Bier spendieren und dafür ein bisschen Körperwärme kriegen, alles unter dem Deckmantel der kumpelhaften Umarmung, die ja bei betrunkenen Männern zum guten Ton gehört, werde ich nachdenklich. Wie kann man bloss so scheinheilig durchs Leben gehen? Am Stammtisch des Turnvereins über Schwulenwitze lachen und heimlich vom Liebesspiel mit Brad Pitt am Sandstrand von Bora Bora träumen? Irgendwie krank, nicht?

Oder die ansonsten so frigiden, biederen alten Weiber, die dem hart schuftenden Ehemann nicht einmal orales Vergnügen gönnen(geschweige denn richtig ran lassen), werfen sich dem nächst Besten an den Hals und lassen sich in der Warteschlange des Imbissstandes stehend, befingern.

Wo ist da die so genannte Moral der Saubermänner, die während dem Rest des Jahres den armen LordLevi anglotzen, nur weil dieser sich etwas exzentrischer Kleidet? Wo sind sie geblieben, die verklemmten Innerschweizer, die mit kartierten Hemden ihre Lebensfreude zum Ausdruck bringen? Jeden Samstag ihren Opel wachsen und anschliessend den Rasen mähen? Wo sind sie geblieben, die Hausfrauen, die ihren Kleidungsstil mit „praktisch, bequem, unauffällig“ beschreiben? Man sucht sie vergebens, denn es ist ja Fastnacht – da darf es schon ein bisschen bunter sein. Ein bisschen wilder, ein bisschen mehr von allem, dafür hält man sich dann den Rest des Jahres zurück. Schliesslich ist man ja anständig und korrekt und zurückhaltend und würde niemals nie einfach so auf der Strasse ein Tänzchen wagen, weil einem gerade danach ist. Nein, nein, das spart man sich auf, bis Februar, was würden denn die Nachbarn denken? Also wirklich!