Mittwoch, Mai 11, 2005

Hotel Mama

Zugegeben, es ist mir manchmal ein wenig unangenehm einzugestehen, noch bei Muttern wohnhaft zu sein. Vor allem in Gegenwart schöner Mädchen. Was nicht all zu oft der Fall ist. Das allein sollte schon zu denken geben. „Muttersöhnchen“, „Weichei“, „Spätzünder“. sind die häufigsten Diffamierungen welche mir verhöhnend vor die Füsse gerotzt werden. Das muss man sich schon gefallen lassen. Nicht dass ich kein Lust hätte eine eigene Wohnung zu halten und den Marmorfussboden selbst zu feudeln. Keineswegs. Es ist mir nicht gegeben. Ich eigne mich nicht dazu. Das hat auch nichts mit überspitztem, patriarchalischem Gedankengut zu, sondern einfach mit der Tatsache, dass ich es noch nicht mal zu Stande bringe, mein Vehikel sauber zu halten. Wie soll das erst mit einem 300 Quadratmeter Loft funktionieren?
Vor ein paar Tagen war es mir gegönnt ein aussergewöhnliches Geschöpf in der Fahrgastzelle zu haben, was mich natürlich veranlasste, meine Karre vorgängig zu entrümpeln. Hauptsächlich leere PET Flaschen, Karton, RedBull Dosen und sonstiger Einzelgängermüll. Ein enormer Aufwand wenn man nicht einfach alles am nächstgelegenen Waldrand deponieren will, denn der Unrat des 21. Jahrhunderts pflegt es strikt nach Rassenlehre getrennt zu werden. Wäre ja auch verrückt wenn Alu und Plastik sozusagen im Multikulti-Kehrichtsack zusammengepfercht würden. Nein so was geht nun wirklich nicht. Ich hab also klar Schiff gemacht und den Mist fein säuberlich sortiert. Einige hundert Kilometer später ist der Fond wieder von neuem mit Abfall übersäht. Hätte ich also eine eigene Wohnung würde ich unweigerlich dazu gezwungen alle drei Monate die bis obenhin zugemüllte Bude fluchtartig zu verlassen. Das ist denkbar unangenehm, denn schliesslich gewöhnt man sich nicht so schnell an die eigenen vier Wände. Es bleibt mir demnach nichts anderes übrig als so lange im Hotel Mama zu residieren als nur möglich. Sonst sehe ich schwarz für meine Zukunft. Im Ernst. Sowas lässt sich nicht schönreden. Doch versuche mal einer diese missliche Lage zwischen zwei Bier einer Dame zu erklären.

Dienstag, Mai 10, 2005

Vorruhestand

Es ist schon merkwürdig wie die Zeit vergeht. Natürlich ist mir bewusst dass ich älter werde. Ich heul mich auch ständig darüber aus. Bei Bekannten, im berüchtigten WWW, oder bei wildfremden. Freunde hab ich ja keine – oder nur solche die ihr Geld nicht wert sind. Wie dem auch sei, meine vorgezogene Midlifecrisis hat einen neuen Tiefstand erreicht. Ich hab das unmögliche erreicht. Den Sprung von der Pubertät direkt in die Wechseljahre. Wobei ich mir nicht mal sicher bin ob das bei Männern überhaupt möglich ist. Die verschiedenen Altersabschnitte eines Menschen lassen sich auf sechs wesentliche Sequenzen reduzieren: Säugling – Kind – Teeny – Arbeitstier – lustiger Rentner – verwirrter Greis. Wobei ‚Arbeitstier’ etwa die Hälfte des Lebens verschlingt. Die Wechseljahre setzen um die 50 ein. Woran ich meinen gealterten Zustand bemerkt habe?

Wie jeden Morgen verbringe ich auch vergangenen Sonntag mehrere Stunden vor dem Spiegel um mich über Gottes Geschenk zu freuen – mein Gesicht. Und was müssen meine Schwimmbeckenblauen Augen sehen – Jesus Maria – ein Pickel! Nicht etwa einfach nur so eine kleine Pustel, die beim Ausdrücken eine übel riechende, gelbliche Flüssigkeit abgibt. Oh nein, weit dramatischer. Es ist einer dieser nach innen gewachsenen Übeltäter. Der schmerzt wenn man dran kommt und im Umkreis von eineinhalb Zentimeter die Haut rot färbt. Und zu allem Übel kommt noch dazu dass sich besagter Monsterpickel nicht etwa nahe am Haaransatz ansiedelte, sondern auf meiner Nase. Man muss wissen, ich besitze das Glück mit einer ausgeprägt männlichen Nase gesegnet zu sein(unverschämte Taugenichtse haben die Frechheit mein Riechorgan, wie infantil, „gross“ zu nennen) Da steh ich also. Schweigsam betrachte ich den Pickel und beginne innerlich zu weinen. Mir wird klar, das kann nur an den Wechseljahren liegen. Ich bin also körperlich schon um die 50. In Panik geraten überprüfe ich ob meine Zähne noch echt sind. Sie sind es noch. Aber wie lange? Meine aussergewöhnliche Haarpracht scheint ebenfalls schon an Glanz eingebüsst zu haben. Was für eine schreckliche Welt. Doch meine Mutter sagt immer ich solle nicht so negativ sein und versuchen allem etwas Positives abzugewinnen. Ok. Noch 15 Jahre und ich bin Rentnerin.

Sonntag, Mai 01, 2005

Die ReGIERung stürzen!

So der Claim der offiziellen 1. Mai Zeitung. Warum ich das weiss?

Wie der Zufall so spielt, traf es sich, dass ich mit meinem italienischstämmigen Weggefährten an der Vorfeier zum 1. Mai vorbeischlenderte. Eigentlich trieben wir uns nur in der Langstrasse rum, weil wir nach einer kulinarischen Leckerei zu später Stunde Ausschau hielten. Ein Plakat am Eingang zur alten Kaserne in Zürich, wo diese Vorfeier stattfand, erregte meine Aufmerksamkeit.


("parkieren??")

Wo so viel Ordnung herrscht kann kein schlechter Ort sein.

Magisch angezogen von unsäglichem Lärm bewegten wir uns Richtung Bühne, auf der gealterte Kampflesben ihren Unmut über 'the System' kund taten. Man spricht ja englisch in Züri. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Das Publikum war überwiegend ungepflegt und sehr rebellisch, wie man an ihren bedruckten T-Shirts unschwer erkennen konnte. Nun gut. Es soll ja nichts über einen Menschen aussagen, wenn er sich keinen ordentlichen Haarschnitt leisten will. Also auf ins Getümmel. Immer darauf bedacht mich so durch die Menge zu schlängeln, dass mein hellbeiger Nadelstreifen Veston keine Brandlöcher abkriegt. Es reihen sich 'Orientierungsstände' an Imbissbuden. Alle versehen mit kämpferischen Spruchbändern. Anlass genug uns damit abzulichten.


("Es lebe Sozialismus")

Die delikaten Köstlichkeiten aus allen Herren Länder konnten sich sehen lassen. Doch obwohl die Vorfeier ganz im Zeichen des Kommunismus, Marxismus, Sozialismus und was sonst noch alles stand, berappten die netten Männer vom PDA Stand fünf Stutz für ein lausiges Becherchen Sangria. Ausbeutung ist eben eine Frage des Standpunktes.

Wir schlenderten umher und fanden endlich das Spruchband das meiner aufopfernden Lebenshaltung gerecht wurde.


("Heldinnen des Alltags")

Gleich daneben durfte die FARC einen Stand betreiben. Wenn man sozialkritisch und solidarisch auf der richtigen ideologischen Welle schwimmt kann man schon mal darüber hinwegsehen, dass die FARC erpresst, entführt und ermordet. Aber wer will denn gleich so kleinlich sein. Die Frage nach ihrem Exportschlager – kolumbianisches Marschierpulver – fanden die FARC-Männer nicht witzig.

Irgendwann lernten wir dann noch 2 junge sehr sozial engagierte Bernerinnen kennen. Wobei die weniger hässliche um meine Gunst warb mit dem rhetorischen Kniff: „Du hesch mega krassi ougä! Es zieht mi so richtig inä!“ Aha alles klar. Die Welt ist mit 18 aber alles andere als in Ordnung. Das Kapital ist böse,

("..und Geld stinkt doch..")

die Gesellschaft schlecht und zur 1. Mai Demo kann man auch wenn man gar kein Mitglied der Arbeiterschaft ist. Da verfällt man doch gleich in bittersüsse Nostalgie. Wie gern wäre ich jetzt wieder ein Teenager.

Winston Chruchill sagte einmal: "Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz! Wer mit 30 noch Kommunist ist, hat keinen Verstand!“

Ich bin 23 und kein Kommunist!